Die große Koalition hat sich nach Monaten der Plenumsdebatten, Podiumsdiskussionen, Talkshows und Zeitungskommentare auf das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) geeinigt. Zeit war’s für Bundesjustizminister Heiko Maas; es wäre an Peinlichkeit nicht zu überbieten und vor allem aus wahlkampftechnischer Sicht ein Desaster gewesen, hätte die Union das Gesetzesvorhaben auf die nächste Legislaturperiode verschoben.

Wer glaubt, Haß und Hetze wären jetzt aus dem Internet verschwunden, der irrt gewaltig. Wo eine große Nachfrage herrscht, wird sich auch ein Angebot finden. Zwar werden Twitter, Facebook und Co. nun mehr löschen als bislang; zwar sollen neue Beschwerdestellen und Einrichtungen geschaffen werden, an die sich Plattformnutzer und -betreiber wenden können – der Frust, die Enttäuschungen, die Emotionen, die Suche nach Alternativen werden damit nicht aufhören.

Vielleicht hat der saarländische SPD-Politiker mit seinem von Anfang an nur auf Good Publicity zielenden Gesetz sogar das Gegenteil bewirkt, und Hunderttausende Nutzer werden ein neues soziales Netzwerk für sich entdecken oder ein neues schaffen. Maas und sein Ministerium sollten sich deshalb fragen, warum seit einigen Jahren immer mehr Bürger rechtskonforme oder auch rechtswidrige Falschmeldungen konsumieren.

Medien lernen nicht aus Fehlern

60 Prozent der Deutschen haben kaum noch Vertrauen in Presse, Radio und Fernsehen, fand das Meinungsforschungsinstitut TNS voriges Jahr heraus. Eine zu Beginn dieses Jahres veröffentlichte Studie der Universität Mainz kam zu dem Ergebnis, daß das Vertrauen zwar wieder zugenommen habe, aber jeder vierte der Berichterstattung eher nicht oder gar nicht glaubt.

Und wer kann es ihnen verübeln? Was 2015 passiert ist, hat viele Medienkonsumenten nachhaltig beeinträchtigt. Der Medienforscher Michael Haller hat im Auftrag der IG-Metall-nahen Otto-Brenner-Stiftung die Berichterstattung über die Asylkrise in einer Studie untersucht, die diesen Monat erscheint. Haller hat 87 Tageszeitungen und die reichweitenstärksten Nachrichtenportale im Internet ausgewertet. Er kam zu dem Schluß, daß die Journalisten nur selten kritische Fragen gestellt hatten, etwa wie das moslemische Frauenbild mit den Werten in Deutschland zusammenpaßt.

Daraus gelernt haben viele Medien nicht. Die meisten machen weiter wie bisher, ob in Hinblick auf AfD, Putin oder Trump. Das Phänomen ist freilich nicht auf Deutschland beschränkt, auch in Österreich (Stichwort Präsidentschaftswahl) oder in den USA (Trump, Trump und nochmals Trump) moralisierte ein großer Teil der Presse in nahezu penetranter Weise mit Berichten, die jeglicher journalistischen Kriterien spotten.

Eine gute Chance

Dabei wären gerade das Entstehen und der Zulauf von mehr oder weniger rechten Internetportalen in qualitativ und quantitativ höchst unterschiedlichem Maßes eine gute Chance für die etablierten Medien, das Vertrauen ihrer Leser, Zuhörer und Zuschauer zurückzugewinnen.

Doch sie schwelgen mit Ausnahmen weiter in ihrer politisch korrekten Illusion. Offenbar ohne zu merken, daß Political Correctness die eine Seite der Medaille ist – die andere Fake-News. Das wäre eigentlich kein Problem: Jeder hat seine eigenen politischen Interessen, gehört einem Milieu an, beschäftigt und identifiziert sich mit diesem oder jenen. Die sachliche Diskussion zwischen diesen Lagern geht bei dieser Polarisierung aber völlig unter.

Wer Journalist ist und wer Hetzer, unterscheidet sich spätestens dann, wenn der eine analysiert, während der andere emotionalisiert.