Man muß immer wieder daran erinnern. Gerade heute, am Tag der Wahl in Sachsen (und Brandenburg). Vor einem Jahr, am 1. September 2018, setzten sich in Chemnitz rund 8.000 Männer und Frauen in Bewegung, um für den von Ausländern getöteten Deutsch-Kubaner Daniel H. und gegen die Asylpolitik der Bundesregierung zu demonstrieren.

Wenige Tage zuvor war die sächsische Stadt wegen angeblicher Hetzjagden und Protesten weltweit in die Schlagzeilen gelangt. Die Kundgebung an diesem Samstag vor einem Jahr sollte der Höhepunkt sein, eine explosive Stimmung lag in der Luft.

Ich war den ganzen Tag und bis spät in die Nacht da. Beobachtete den friedlichen Trauermarsch, der von vielen Medien in Anführungszeichen gesetzt wurde, weil dort auch Neonazis „mitmarschiert“ (Neonazis können bekanntlich nur marschieren) sein sollen.

Ich sah die Zerstörungswut linksextremer Gegendemonstranten. Sprach mit vielen Teilnehmern, die später als „besorgte Bürger“ bezeichnet wurden, die Seit an Seit mit Rechtsextremen gegangen seien und sich damit mit der extremen Ideologie gemein gemacht hätten.

Nach meiner Beobachtung war dem nicht so (hier geht’s zu meiner damaligen Reportage). Es waren einige hundert Personen anwesend, die sich vermutlich dem Milieu des sogenannten Nationalen Widerstands zuordnen lassen. Diese waren aber in der Minderheit und machten erst ihr Ding, als die Kundgebung aufgelöst wurde. Aufgelöst übrigens deshalb, weil die Polizeiführung vor linken Gegendemonstranten gekuscht hatte.

Die Proteste in Chemnitz und die mediale Ausschlachtung derselben bedeuteten einen tiefen Einschnitt in die Wahrnehmung auf die Sachsen. Der Spiegel titelte am 1. September 2018 mit einem schwarzen Cover und einem „Sachsen“-Schriftzug in Fraktur, der sich von Weiß zu Braun färbt.

Darunter stand: „Wenn Rechte nach der Macht greifen“. Ein Jahr moralischer Bombenhagel auf die Stadt und das Bundesland. Das Titelbild war nur eine von vielen absurden Anschuldigungen.

Der MDR veröffentlichte vor wenigen Tagen ein Stadtporträt unter der Überschrift „Chemnitz – ein Jahr danach“. Der Film sorgte bereits vor Ausstrahlung für heftigste Diskussionen, weil sich einigen Journalisten bemüßigt sahen, eine Podiumsdiskussion zu torpedieren, weil dort ein „Rechtsextremer“ auftreten sollte, der sowohl in der Dokumentation, als auch in der Stadt eine Rolle spielt. Die Diskussion wurde abgesagt. Soviel zu „Mit Rechten reden“.

Geschichten aus dem Paulanergarten

Nun aber zum Film. Unspektakulär, typisch und offensichtlich gemacht von eher linken Journalisten. Da ist die syrische Familie, die in Chemnitz gewohnt hat ­– und auch jetzt immer noch kein Wort Deutsch kann. „Das Leben war für die Geflüchteten dort nicht leicht, besonders für Fatima“, tönt die Stimme aus dem Off mitleiderregend.

Die Frau habe von Freundinnen gehört, daß sie wegen ihres Kopftuchs beleidigt wurden und einmal sogar ein Kopftuch heruntergerissen worden sei. Geschichten aus dem Paulanergarten von einem moslemischen Ehepaar, das nach mehreren Jahren Aufenthalt in Deutschland noch immer die Sprache des Aufnahmelandes nicht beherrscht. Heißt: Mit Sachsen hatten diese Leute wohl sehr wenig Kontakt.

Aber: Dem Steuerzahler sei’s gedankt, lebt die Familie nun im schönen Hamburg, wo alles besser ist, vor allem die Menschen. „Ich gehe alleine aus, wen er nicht da ist und die Kinder in der Kita sind. Die Menschen hier lächeln, wenn sie dich angucken“, schwärmt die Frau mit dem Kopftuch. „Sie hat ihre Freiheit“, ergänzt ihr Mann.

Ich war oft genug in sächsischen Städten, um sagen zu können: Auch dort gehören Ausländer mittlerweile zum Stadtbild. Wer in Deutschland im Alltag auf der Straße, beleidigt, bespuckt oder attackiert werden will, der muß schon eine Kippa tragen.

Leider hat sich nichts geändert

Ausführlich darf auch eine junge Frau zu Wort kommen, die sich nach eigenen Angaben „politisiert“, natürlich gegen „Rechts“. Auf einer Demonstration steht sie da mit einer grünen Fahne, Trillerpfeife und Seifenblasen-Tube. Motto: Sachsen kann auch anders und in Wirklichkeit sind die „Rechten“ eh nur eine Minderheit.

Ein Wirt, Typ sächsischer CDUler, bringt das Gefühl der „besorgten Sachsen“ gut auf den Punkt: „Die Leute haben ein anderes Sicherheitsgefühl bekommen.“ Journalisten aus Berlin und Hamburg sprechen dann immer gern von „diffusen Ängsten“. Solche aber darf man viel mehr der Wissenschaftlerin attestieren, die sich um den Verlust der „Internationalisierung“ Chemnitz‘ und den Ruf des Landes sorgt.

Auch wenn der Gottseibeiuns in Person von Arthur Österle, damals Ordner bei Pro Chemnitz, heute AfD-Anhänger, gezeigt und interviewt wird, am Ende hat man doch ganz klar das Gefühl, es handelt sich bei der Doku um ein typisch öffentlich-rechtliches Produkt. Ein Jahr nach Chemnitz hat sich in dieser Hinsicht leider nichts geändert.


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