Ein Osttiroler Kleinunternehmer erzählte mir vor kurzem, er suche händeringend nach Personal, fände aber niemanden. Im Bezirk Lienz, der deckungsgleich ist mit der Region Osttirol, gebe es lediglich einige Hundert Arbeitslose. Es betreffe aber nicht nur ihn, sondern nahezu alle Branchen. Restaurants würden sich schon gegenseitig Köche abwerben – eigentlich ein No-Go. Für die Köche und die vielen anderen gefragten Arbeiter und Angestellten klingen solche Nachrichten natürlich wie Frei.Wilds Stimmungslieder in den Ohren. Sie werden umworben, Unternehmen bieten ihnen viel und mehr und konkurrieren um sie.

Einige „Altlinksneurechte“ (André F. Lichtschlag) bombardierten mich neulich mit Argumenten Beleidigungen. Grund dafür war ein Tweet, den ich spontan absetzte, als ich eine Sendung in der ARD schaute. Es ging dort unter anderem um Leiharbeiter und daß der Staat diesen Zustand unbedingt ändern müsse.

Sie sehen schon, was ich mit diesen beiden Beispielen sagen möchte: Normalerweise gibt es in einem Markt eine Konkurrenz sowohl unter den Arbeitnehmern als auch unter den Arbeitgebern. Sicher, Osttirol ist ein Extrembeispiel: Dort leben rund 49.000 Personen und davon gibt es derzeit nur 300 Menschen, die beim AMS (vergleichbar mit der Bundesagentur für Arbeit in Deutschland) als Langzeitarbeitslose gemeldet sind, also die länger als ein Jahr keine Arbeit finden. Und bei ihnen handelt es sich zudem größtenteils um schwer vermittelbare Personen.

In Zeiten wirtschaftlicher Prosperität konkurrieren Unternehmen um potentielle Mitarbeiter. Und in Phasen des Abschwungs oder gar der Krise sind Arbeitslose froh, wenn sie Arbeit bekommen, selbst wenn ihre Stellen dann befristet oder in Form von Leiharbeit ausgeschrieben sind.

Auch wenn in Deutschland deutliche Zeichen Richtung abwärts zu sehen sind, die übrigens auch im Rest Europas registriert werden und man sich dort fragt, warum der selbstzerstörerische Kurs der Grünen in der Opposition nun Regierungsprogramm ist – noch läuft der Karren einigermaßen.

Winkelkeller

Profiteurin der Unsicherheit nördlich der Alpen ist die AfD. Die Partei, die sich sonst immer gerne als „Alternative“ zu den „Altparteien“ gibt, schlittert aber in Teilen zumindest immer weiter einen linken Wirtschaftskurs entlang, der eben nicht alternativ ist. Die Vertreter dieser Richtung nennen das „solidarischen Patriotismus“. Der Meinungschef der Nordwest-Zeitung, Alexander Will, hat sich vor der Thüringenwahl die programmatischen Punkte dieses AfD-Flügels angeschaut (Bezahlschranke).

Der von Björn Höcke geführte Landesverband fordert etwa ein „Familiengeld“, das ermöglichen solle, daß „eine Familie mit kleinen Kindern von einem Gehalt leben kann“. Überdies möchte er einen Familienkredit einführen, dessen Rückzahlung sich mit der Geburt eines jeden Kindes verringern soll. In der DDR nannte man das „Kredit abkindern“, schreibt der gebürtige Sachse Will.

Die Thüringen-AfD will aber auch direkt und tief in die Lohnpolitik der Unternehmen eingreifen, was deutlich über den Mindestlohnzwang hinausgeht: „Der Freistaat soll seinen Beitrag leisten, um eine Lohnentwicklung, entsprechend dem verteilungsneutralen Spielraum zu ermöglichen.“ Das könnte auch genauso im Programm der Linkspartei stehen.

Die Interventionsspirale ankurbeln möchte auch die AfD-Fraktion im Erfurter Landtag: Selbstständige und Beamte sollen Zwangsmitglieder der gesetzlichen Rentenversicherung werden. Rentner sollen Zuschläge für jedes Kind kriegen. Finanziert werden soll das durch staatlich festgelegte Lohnerhöhungen sowie die „Unterstützung und Förderung neuer Arbeitnehmervertretungen“. Ähnliche Forderungen etwa nach einem höheren Mindestlohn gab es auch in Brandenburg und Sachsen.

Option-Bild

Besonders interessant ist jedoch die Tatsache, daß es auch im Westen AfD-Politiker gibt, die derlei sozialdemokratische bis sozialistische Forderungen erheben. Der niedersächsische Landtagsabgeordnete Stephan Bothe plädiert etwa für eine als „Deutschlandabgabe“ getarnte Reichensteuer. Denn, so die Logik des „solidarischen Patrioten“: Große Vermögen seien die Folge von „Enteignung“. Bothe: „Eine solidarische Deutschlandabgabe (…) ist deshalb eine Rückgabe von Geld. Geld, das die Gesellschaft in Deutschland als Ganzes gemeinsam erarbeitet hat“.

Bothe beläßt es natürlich nicht bei den vermeintlichen Reichen. Wie jeder Stazi will er umverteilen – überall. Alle Sparvermögen sollen beispielsweise mit einem „jährlichen Rentensolidaritätsbeitrag von einem Prozent“ geschröpft werden. Will resümiert: „Mit einem solchen Sozialprogramm wäre problemlos eine Querfront Linkspartei-AfD denkbar.“

Zurück in Tirol. Die Immobilienpreise in meinem Heimatort und in den benachbarten Dörfern befinden sich auf dem Niveau der gefragten Bezirke in Berlin. Die Quadratmeterpreise erreichen auch schon mal sechs- bis siebentausend Euro. Für einen jungen Mann oder einen Unternehmer, der beruflich schon Risiken und Investitionen tragen muß, ist das natürlich ein schwieriges Pflaster.

Doch auch da gibt es, ganz ohne staatliche Eingriffe und Umverteilungsorgien, private Möglichkeiten. Ein Beispiel: Ein Bekannter übernahm gemeinsam mit einem Kompagnon ein eher gehobenes Restaurant. Trotz des gut laufenden Fremdenverkehrs ist das für wenig erfahrene Betreiber ein Risiko, zudem fallen Investitionen an. Dennoch haben beide eine Eigentumswohnung.

Neben Fleiß und Sparsamkeit spielte bei dem einen vor allem der Vater seines Kompagnons eine Rolle. Der hatte ihm eine Wohnung zum bezahlbaren Preis verkauft. Sicherlich nicht ohne Gewinn, aber eben zu einem solidarischen Preis. Und da wären wir auch wieder beim Stichwort solidarisch. Was der erwähnte AfD-Flügel mit „solidarischen Patriotismus“ plant, hat mit Solidarität im eigentlichen Sinne nichts zu tun.

Solidarität schließt Freiwilligkeit ein, nicht Zwang. Allzu oft wird der Begriff mißbraucht, um das wahnhafte Ideal der Gleichheit zu erreichen, was schließlich nicht funktionieren kann, weil es dem Menschsein widerstrebt. Die AfD ist keine Alternative, wenn sie die in Deutschland ohnehin schon geschmähte Eigenverantwortlichkeit eines jeden Bürgers weiter madig redet, allein ergänzt um den Zusatz, nur deutsche Staatsbürger dürften an diesem „solidarischen Patriotismus“ teilhaben.

Die AfD sollte sich für eine Gesellschaft einsetzen, die auf das Verantwortungsbewußtsein setzt. „Denn eine Gesellschaft mit Herz drückt sich nicht in der Fülle staatlicher Macht oder im Sozialismus aus, wie oft unterstellt wird, sondern im Ausmaß der Freiheit, der Eigenverantwortung und der freiwilligen Solidarität.“ (Pierre Bessard) Diese Verantwortung kann dann gerne auch gegen- und wechselseitig begründet sein. Aber bitteschön freiwillig und ohne daß der (Versorgungs-)Staat mit der drohenden Rute dahintersteht.


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